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712. Richtlinien des Oberkirchenrats über die Supervision (Praxisberatung) kirchlicher Mitarbeiter

Bekanntmachung des Oberkirchenrats vom 6. Mai 1991 (Abl. 54 S. 430), geändert durch Verordnung vom 2. Mai 2000 (Abl. 59 S. 79, 82)

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Aufgrund von § 29 Abs. 5 der Kirchlichen Anstellungsordnung (KAO1#) erläßt der Oberkirchenrat unter Mitwirkung der Arbeitsrechtlichen Kommission die folgenden Richtlinien:
Vor allem die Arbeit sozialer, pädagogischer und therapeutischer Fachkräfte erfordert einen ständigen Lernprozeß der Mitarbeiter im Blick auf ihr methodisches/therapeutisches und seelsorgerliches Vorgehen und die institutionellen und gesellschaftlichen Bedingungen. Dies erfolgt durch dafür ausgebildete Praxisberater (Supervisoren).
  1. Supervision erhalten Berufsanfänger in den ersten Berufsjahren durch reflektierende Begleitung bei der Einübung in ihrer Tätigkeit. Darüber hinaus dient sie der ständigen Reflexion (auf die eigenen Handlungen und Gedanken gerichtetes prüfendes Nachdenken) der Berufspraxis mit den eigenen Persönlichkeitsanteilen im Beratungsprozeß.
  2. Supervision kann als Einzel-, Gruppen- oder Teamsupervision erteilt werden. In der Regel ist bei Einzelsupervision von 90 Minuten pro Sitzung, bei Gruppen- oder Teamsupervision von 150 Minuten pro Sitzung auszugehen.
  3. Supervision im Block umfaßt in der Regel 20 bis 25 Sitzungen, die sich über einen Zeitraum von 1 bis 1 1/2 Jahren erstrecken können und in der Regel im Abstand von zwei bis drei Wochen stattfinden.
    Vor Beginn der Supervision ist eine Übereinkunft zwischen Mitarbeiter und Anstellungsträger herzustellen. Dabei ist der Zeitpunkt und Umfang der Supervision, der Supervisor und die Frage der Kostentragung zu regeln.
  4. Für die Teilnahme an Supervisionssitzungen einschließlich der erforderlichen An- und Rückreisezeit erhält der Mitarbeiter in der Regel Dienstbefreiung.
    Die notwendigen Kosten der Supervision einschließlich der notwendigen Fahrtkosten nach den Bestimmungen der kirchlichen Reisekostenordnung trägt der Anstellungsträger im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel. In besonderen Fällen (z. B. wenn die Supervision auf Wunsch des Mitarbeiters durch einen Supervisor erfolgt, dessen Honorar die nachstehenden Stundensätze übersteigt oder durch die Auswahl des Supervisors höhere Fahrtkosten entstehen) kann eine Beteiligung des Mitarbeiters an den Kosten vereinbart werden. Bei der Auswahl des Supervisors soll auf ein vertretbares Verhältnis zwischen Fahrt- und Sitzungszeiten geachtet werden.
    Die Kosten für die Supervision sind je nach Qualifikation des Supervisors, der Art der Supervision (Einzel- oder Team- bzw. Gruppensupervision) oder wenn es sich um einen freiberuflich tätigen Supervisor oder einen in einem festen Anstellungsverhältnis stehenden Supervisor handelt, unterschiedlich hoch.
    Soweit hierfür die Kosten vom Anstellungsträger übernommen werden, sollte das Honorar
    1. für festangestellte Supervisoren
    36,00 Euro pro Zeitstunde
    2. für freiberuflich tätige Supervisoren
    51,00 Euro pro Zeitstunde
    zuzüglich eventuell erhobener Mehrwertsteuer
    nicht übersteigen.
    Für Gruppensupervision ist ein Zuschlag zu den angegebenen Honorarsätzen möglich. Bei Supervisoren, die in einem festen kirchlichen Anstellungsverhältnis stehen, sind die Honorare und andere Einnahmen der Supervision an die jeweilige Dienststelle abzuführen. Die Bestimmungen über die Vergütung aus Nebentätigkeiten sind zu beachten.
  5. In Zweifelsfällen ist vor der Entscheidung über Dienstbefreiung und Kostenübernahme bzw. Kostenbeteiligung eine Stellungnahme der Fachberatung des Diakonischen Werks Württemberg bzw. der sonst dafür zuständigen Stelle einzuholen. Bei der Auswahl der Supervisoren soll die beim Diakonischen Werk geführte Liste berücksichtigt werden.
  6. Während der Zeit der Supervision soll der Mitarbeiter keine weiteren Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen durchführen; insoweit ruht während dieser Zeit der Anspruch auf Fortbildungsurlaub nach § 29 Abs. 5 KAO2#. Dies berührt nicht die Teilnahme an Veranstaltungen, zu denen der Mitarbeiter von seiner Dienststelle abgeordnet wird oder die zur Erfüllung seines Dienstauftrags erforderlich sind (z. B. Einführungskurse, Arbeitstagungen des Diakonischen Werks Württemberg und ähnliches). Dies gilt auch für Weiterbildungskurse, z. B. Sozialtherapeuten-Ausbildung, Familienberatung, Familientherapie, Eheberater-Ausbildung und ähnliches, bei denen Supervision Bestandteil der Zusatzausbildung ist. Entsprechendes gilt auch dann, wenn aufgrund staatlicher Förderrichtlinien bzw. Finanzierungsbedingungen von Sozialleistungsträgern für soziale Fachkräfte eine dauernde Supervisionsbegleitung vorgesehen ist. Fallbesprechungen oder Dienstbesprechungen werden durch diese Richtlinien nicht berührt.
  7. Scheidet der Mitarbeiter aus einem von ihm zu vertretenden Grunde innerhalb von drei Jahren nach Abschluß der Supervision aus dem Dienstverhältnis aus, kann der Anstellungsträger von dem Mitarbeiter die übernommenen Kosten der Supervision zurückfordern, wobei der Erstattungsanspruch pro Jahr entsprechend gekürzt wird.
  8. In Anlehnung an diese Richtlinien sollen auch andere Mitarbeiter, die Supervision im Rahmen ihres Dienstauftrags benötigen, Supervision in Anspruch nehmen können.
  9. Diese Richtlinien treten mit Wirkung vom 1. Juli 1991 in Kraft.

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1 ↑ Red. Anm.: Vgl. jetzt § 29 Abs. 6 Buchst. e) KAO (Nr. 700 dieser Sammlung) und Anlage 1.4.1 zur KAO (Nr. 700-Anlage 1.4.1 dieser Sammlung)
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2 ↑ Red. Anm.: Vgl. jetzt § 29 Abs. 6 Buchst. e) KAO (Nr. 700 dieser Sammlung) und Anlage 1.4.1 zur KAO (Nr. 700-Anlage 1.4.1 dieser Sammlung)