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Kirchengericht:Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
Entscheidungsform:Urteil
Datum:04.04.2003
Aktenzeichen:VG 19/02
Rechtsgrundlage:§ 2 Abs. 1 lit. b Pfarrbesoldungsgesetz; Pfarrhausrichtlinien
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Dienstwohnung

Leitsatz

und Urteil des Verwaltungsgerichts
der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
vom 4. April 2003

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Leitsatz:

Die Pfarrhausrichtlinien regeln nicht nur den Anspruch des Pfarrers auf eine angemessene Dienstwohnung, sondern beschränken als besoldungsrechtliche Regelung auch die Kirchengemeinden in ihrer Möglichkeit, einem Gemeindepfarrer eine überobligatorische zusätzliche Vergütung - in Form einer unangemessen großen Wohnung - zukommen zu lassen.
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Az: VG 19/02
In der Verwaltungsrechtssache
Ev. Kirchengemeinde ...,
vertreten durch den Vorsitzenden des Kirchengemeinderats,
Herrn …
- Kläger -
prozessbevollmächtigt:
...
...
gegen
die Evangelische Landeskirche in Württemberg,
vertr. durch den Oberkirchenrat,
dieser vertr. d. d. Direktorin im Oberkirchenrat,
Frau Oberkirchenrätin Rupp,
Gänsheidestraße 4, 70184 Stuttgart
- Beklagte -
wegen
Dienstwohnung
hat das Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg durch
den Richter am Verwaltungsgericht Dipl.-Theol. Rainer E. Müller als Vorsitzenden
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dieter Eiche als Mitglied mit der Befähigung zum Richteramt
die Pfarrerin Erika Schlatter als ordiniertes Mitglied
den Pfarrer Christian Kohler als ordiniertes Mitglied
den Dipl.-Verwaltungswirt Manfred Rieger als nichtordiniertes Mitglied
auf die mündliche Verhandlung vom 4. April 2003 für Recht erkannt:
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Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand

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Die Klägerin, die Kirchengemeinde K., begehrt die Genehmigung eines Umbauvorhabens.
Die Klägerin ist Eigentümerin des in den siebziger Jahren erbauten Pfarrhauses in K. Der Wohnteil der Pfarrfamilie verfügt nach den Bauplänen u. a. über 2 Kinderzimmer im Erdgeschoss und ein Gastzimmer im Untergeschoss. Insgesamt haben diese Räume eine Wohnfläche von ca. 38,5 m², die Pfarrwohnung verfügt in ihrer Gesamtheit über ca. 143 m² Wohnfläche. Das ursprünglich vorhandene Flachdach wurde schon vor längerem durch ein Satteldach ersetzt.
Im Zusammenhang mit der Neubesetzung der Pfarrstelle fanden im Jahre 2002 Gespräche und Schriftverkehr u. a. mit dem Oberkirchenrat statt über die Frage des Einbaus eines weiteren Kinderzimmers ins Dachgeschoss des Gebäudes. Die Frage ausgelöst hatte die Bewerbung von Pfarrer Sch., dessen Familie 4 Kinder im Alter bis zu 6 Jahren angehören. Der Oberkirchenrat äußerte sich ablehnend zu diesen Plänen.
Pfarrer Sch. wurde in der Sitzung des Besetzungsgremiums am 23. Oktober 2002 gewählt, wobei es in der hierüber gefertigten Niederschrift heißt, die Kirchengemeinde sei entschlossen, familiengerechte Wohnverhältnisse zu schaffen. Sie erwarte dazu die Zustimmung des Oberkirchenrats zum vorgesehenen Teilausbau des Dachgeschosses.
Mit Schreiben an den Oberkirchenrat vom 12. November 2002 stellte der Kirchengemeinderat einen formellen Antrag auf Genehmigung des genannten Bauvorhabens. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, trotz der geräumigen Wohnung seien die beiden Kinderzimmer mittelfristig nicht ausreichend. Die zwischenzeitlich einmal diskutierte Möglichkeit des Umbaus eines Wirtschaftsraums im Erdgeschoss zu einem weiteren Kinderzimmer werde für ungeeignet gehalten, weil dann die Waschküche mit Trockenraum fehle und zudem Kleinkinder nicht im Untergeschoss untergebracht werden könnten.
Dieser Antrag wurde durch Bescheid des Oberkirchenrats vom 25. November 2002 abgelehnt. Zur Begründung wurde dargelegt, vorliegend seien die Pfarrhausrichtlinien 1995 anzuwenden, die nicht nur die Obergrenzen für die Wohnungen der Pfarrer festlegten, sondern auch eine Begrenzung des finanziellen Mitteleinsatzes der wohnlastpflichtigen Kirchengemeinden regelten. Diese Richtlinien sähen für den vorliegenden Fall eine Wohnfläche von 120 m² sowie 2 Kinderzimmer und ein Gastzimmer vor. Diese Voraussetzungen erfülle die fragliche Wohnung. Der zusätzliche Raumbedarf der Familie werde nicht bestritten, er könne aber im vorhandenen Raumprogramm des Pfarrhauses nachgewiesen werden.
Mit der am 13. Dezember 2002 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, die Pfarrhausrichtlinien 1995 definierten (lediglich) die Leistungen der Landeskirche und die Rechtsansprüche der Pfarramtsbewerber und Pfarrer, aber nicht die Entscheidungskompetenz der selbständigen Rechtsträger, wie hier der klagenden Kirchengemeinde. Es sei Sache einer Kirchengemeinde als Eigentümerin des Pfarrhauses, dieses so zu gestalten, wie es heutigen Verhältnissen entspreche, und es liege in ihrer Autonomie, welche Baumaßnahmen sie insoweit für richtig halte. Die bisherige Beschränkung sei für eine Familie mit 4 Kindern nicht hinnehmbar, das erforderliche zusätzliche Kinderzimmer könne in den vorhandenen Räumlichkeiten nicht geschaffen werden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 25. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Genehmigung zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Vertiefung der Ausführungen im angefochtenen Bescheid wird dargelegt, die fragliche Baumaßnahme sei nach § 50 Abs. 1 Nr. 10 KGO genehmigungspflichtig. Bei der Entscheidung über die Eignung einer Dienstwohnung seien nach Ziff. 1 der Pfarrhausrichtlinien die landeskirchlichen Wohnungs-Fürsorge-Richtlinien heranzuziehen.
Diese sähen für einen 6-köpfigen Haushalt eine Wohnungsgröße bis zu 120 m² als familiengerecht an. Die durch den Dienstwohnungsanspruch des Pfarrers begründeten Ansprüche im Hinblick auf die Wohnungsgröße seien damit vorliegend umfassend erfüllt. Nicht zutreffend sei, dass die Pfarrhausrichtlinien nur die Leistungsansprüche der Pfarrer definierten, den Kirchengemeinden aber freie Hand bei Bauentscheidungen ließen, vielmehr seien auch die Kirchengemeinden an die Obergrenzen für die Ausstattung der Pfarrhäuser gebunden. Es solle sichergestellt werden, dass alle Pfarrhäuser innerhalb der Landeskirche einen vergleichbaren Wohnstandard böten. Angesichts der knappen Mittel müsse ferner gesehen werden, dass die Pfarrhausrichtlinien auch dazu dienten, die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kirchengemeinden für ihre weiteren Aufgaben sicherzustellen.
Dem Gericht haben die in der Sache angefallenen Akten des Oberkirchenrats vorgelegen. Auf sie und auf die Gerichtsakten wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
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Gründe:

Die Klage ist zulässig. Das Begehren der Klägerin ist darauf gerichtet, eine Genehmigung für die Erweiterung der Dienstwohnung im Pfarrhaus K. um ein Kinderzimmer im Dachgeschoss zu erhalten. Zweck der Baumaßnahme ist es, die insoweit vergrößerte Wohnung dem im Oktober 2002 neu gewählten Gemeindepfarrer im Rahmen seines Dienstwohnungsanspruches zur Verfügung zu stellen.
Die so verstandene Klage ist in Ansehung der Pfarrhausrichtlinien 1995 unbegründet. Diese Richtlinien sind auch im vorliegenden Genehmigungsverfahren, d. h. auch im Verhältnis der Kirchengemeinde zur Landeskirche, anzuwenden. Denn sie regeln nicht nur den Anspruch des Pfarrers auf eine angemessene Dienstwohnung als Teil seines Besoldungsanspruchs (vgl. § 2 Abs. 1 lit. b Pfarrbesoldungsgesetz), sondern beschränken als besoldungsrechtliche Regelung auch die Kirchengemeinden in ihrer Möglichkeit, einem Gemeindepfarrer eine überobligatorische zusätzliche Vergütung zukommen zu lassen. Um eine derartige über den Besoldungsanspruch hinausgehende Vergütung handelt es sich aber, wenn einem Pfarrer eine – unter Zugrundelegung der Pfarrhausrichtlinien – unangemessen große Wohnung zur Verfügung gestellt wird. Dieser besoldungsrechtliche Bezug dürfte im Übrigen einer der Gründe sein, weshalb Nr. 79 der Verordnung des Oberkirchenrats zur Ausführung der Kirchengemeindeordnung jegliche Neubauten sowie Umbauten von Pfarrhäusern, die von der Kirchengemeinde unterhalten werden, unabhängig von den Baukosten der Genehmigungspflicht des § 50 Abs. 1 Nr. 10 KGO unterstellt. Die grundsätzliche Anwendbarkeit der Pfarrhausrichtlinien in Genehmigungsverfahren nach § 50 KGO wurde im Übrigen von Klägerseite in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr in Frage gestellt.
Die Dienstwohnung im Pfarrhaus K. ist unter Beachtung der Pfarrhausrichtlinien 1995 nach Auffassung des Gerichts derzeit und in absehbarer Zukunft - wobei das Gericht einen Planungshorizont von etwa fünf Jahren zugrunde legt - geeignet, den Dienstwohnungsanspruch des neu gewählten Pfarrers auch unter Berücksichtigung seiner speziellen familiären Situation zu erfüllen. Der Oberkirchenrat weist diesbezüglich zutreffend auf die nach Nr. 1 der Pfarrhausrichtlinien zu beachtenden Wohnungsfürsorge-Richtlinien hin, nach deren Nr. 5.2 bei einer 6-köpfigen Familie eine Wohnungsgröße von 120 m² als familiengerecht gilt. Die Pfarrhausrichtlinien selbst (Nr. 2.3 lit.c) wiederum sehen - ebenfalls ausgehend von einer Wohnfläche von 120 m² - ein Kinderwohnschlafzimmer und zwei Einbettwohnschlafzimmer (für Gast, Haushaltshilfe oder Kind) vor.
Insoweit ist festzustellen, dass in dem Pfarrhaus bereits heute auf der Wohnebene, in räumlicher Nähe zum Elternschlafzimmer, zwei Kinderzimmer mit einer Größe von jeweils ca. 13 m² vorhanden sind. Diese beiden Zimmer erscheinen derzeit zur Unterbringung der vier Kinder im Alter von 6, 4, 2 und ½ Jahr ausreichend. So lässt sich beispielsweise in dem nördlich gelegenen Kinderzimmer ausweislich der Pläne ohne Weiteres ein Doppelstockbett an der Nordwand aufstellen, ohne dass dies dazu führen müsste, dass dieses Bett - wie von Klägerseite in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - teilweise in den Fensterbereich hineinragte. Vielmehr könnte ein solches Bett etwa 1 bis 1 ½ m abgesetzt vom an der Westwand befindlichen Fenster aufgestellt werden und der Platz am Fenster damit noch als Arbeitsplatz genutzt werden, an dem der älteste Sohn seine Hausaufgaben machen könnte. Das Gericht geht dabei davon aus, dass die Benutzung eines Doppelstockbetts nicht generell unzumutbar oder gar aus Sicherheitsgründen von vornherein nicht in Betracht zu ziehen wäre.
In dem anderen Kinderzimmer ist es nach den Plänen sogar möglich, zwei Einzelbetten mit ca. 1 m Breite und 2 m Länge jeweils nördlich und südlich an die Westwand anstoßend aufzustellen. Daneben bliebe bei einer solchen Lösung immer noch Platz für die Aufstellung eines Schrankes und eines Schreibtisches. Sollte sich im Laufe der nächsten fünf Jahre die Notwendigkeit ergeben, für den dann maximal 11 Jahre alten ältesten Sohn ein eigenes Zimmer zu schaffen, käme hierfür das bereits vorhandene Gastzimmer im Untergeschoss des Gebäudes in Betracht. Dieses Zimmer war – wie die Wohnflächenberechnung zum Baugesuch aus dem Jahre 1975 zeigt – bereits damals als Teil der Pfarrwohnung und nicht etwa als Teil der Amtsräume, die sich ebenfalls im Untergeschoss befinden, ausgewiesen worden, für die Zuordnung des Gastzimmers zu den Amtsräumen ließen die Pfarrhausrichtlinien im Übrigen keinen Raum. Der Oberkirchenrat hat sich mit einer Nutzung des Gastzimmers als Kinderzimmer auch bereits einverstanden erklärt.
Das Gericht ist sich dabei mit der Klägerin durchaus einig darin, dass die Unterbringung eines Jugendlichen außerhalb des eigentlichen Wohnbereichs und dazu noch im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit den Amtsräumen nicht als optimal erscheinen mag. Was die befürchtete wechselseitige Störung durch Geräusche angeht, wurden vom Oberkirchenrat in der mündlichen Verhandlung aber bereits Lösungsmöglichkeiten durch den Einbau von schallhemmenden Türen aufgezeigt. Auch erscheint es dem Gericht für einen Jugendlichen ab dem Alter von 11 Jahren nicht unzumutbar, sein Zimmer außerhalb des eigentlichen Wohnbereichs der Familie zu haben, zumal dieser Wohnbereich lediglich ein Stockwerk höher liegt. Im Übrigen käme auch in Betracht, das derzeitige Gastzimmer lediglich als Spiel- bzw. Arbeitszimmer für die Kinder und die Kinderzimmer ausschließlich als Schlafräume zu benutzen.
Nach allem lassen sich nach Auffassung des Gerichts die berechtigten Wohnbedürfnisse der Familie des neuen Pfarrers derzeit durch die vorhandene Dienstwohnung in ihrem bisherigen Bestand noch befriedigen, weshalb kein Anspruch auf die begehrte Genehmigung zur Erweiterung der Dienstwohnung besteht. Dabei sei nochmals betont, dass das Gericht die Absicht der Klägerin unter Inanspruchnahme von in der Vergangenheit gebildeter Rücklagen die vorhandene Wohnsituation zu optimieren, würdigt und respektiert sowie das darin zum Ausdruck gekommene Engagement, das auch in der Bereitschaft erkennbar wird, ggf. durch persönlichen Arbeitseinsatz von Mitgliedern der Kirchengemeinde die Baukosten zu minimieren, in hohem Maße anerkennt. Dies alles konnte jedoch nach eingehender Beratung keine andere Entscheidung rechtfertigen. Denn es war bei der Entscheidungsfindung auch der Gedanke einzustellen, dass die Pfarrhausrichtlinien – wohl auch mit Blick auf die durchschnittliche Leistungsfähigkeit aller der Landeskirche angehörenden Kirchengemeinden – nicht bezwecken, dass der Dienstwohnungsanspruch entsprechend der individuellen Leistungsfähigkeit der jeweiligen Kirchengemeinde bestmöglich erfüllt wird, sondern mit den Pfarrhausrichtlinien eine angemessene Wohnraumversorgung unter Berücksichtigung der Wohnverhältnisse von Angehörigen vergleichbarer Berufsgruppen, insbesondere aber auch unter Berücksichtigung der speziellen Verhältnisse in andern Pfarrhäusern sichergestellt werden sollte. Die Pfarrhausrichtlinien stellen insofern auch ein Instrument dar, das der Besoldungsgerechtigkeit, insbesondere der Besoldungsgleichheit, dienen soll.
Kein bei der Entscheidung zu berücksichtigender Umstand war der Ablauf des Bewerbungsverfahrens um die neu zu besetzende Pfarrstelle oder der Umstand, dass möglicherweise bereits mit den Umbauarbeiten begonnen wurde. Entscheidend sind vielmehr allein die erwähnten rechtlichen Gesichtspunkte. Anderes gälte nur dann, wenn von Seiten des Oberkirchenrats bereits eine wirksame Zusage auf Genehmigung der Umbauarbeiten abgegeben worden wäre. So verhält es sich jedoch nicht, vielmehr ergeben sich aus den vorliegenden Behördenakten zwar Hinweise darauf, dass es innerhalb des Oberkirchenrats möglicherweise Meinungsverschiedenheiten über die Frage der Genehmigung der strittigen Baumaßnahme gegeben hat, zugesagt wurde die Genehmigung aber nie.
Da vorliegend Streitgegenstand allein die Genehmigung zur Erweiterung der vorhandenen Dienstwohnung war, stellt sich hier nicht die Frage, ob die Klägerin einem Pfarrer ggf. außerhalb des Dienstwohnungsanspruches und gegen angemessene Kosten- bzw. Mieterstattung zusätzliche Räume zur Verfügung stellen könnte. Insoweit war auch nicht zu klären, ob Ziff. 5.5 lit. a der Pfarrhausrichtlinien eine abschließende Regelung darstellt, und ob diese – falls dem so wäre – einer Rechtsprüfung standhielte, insbesondere, ob die herangezogene Ermächtigungsgrundlage im Pfarrbesoldungsgesetz den Ausschluss einer Mietregelung statt der vorgesehenen Mehrkostenerstattung deckt.
Nach allem ist die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 89 Abs. 1 KVWGG.
gez. Müller
gez. Eiche
gez. Schlatter
gez. Kohler
gez. Rieger