.
200. Ordnung der evangelischen Jugendarbeit in Württemberg
Bekanntmachung des Oberkirchenrats vom 15. September 1998 (Abl. 58 S. 151)
#Eine der vordringlichsten Aufgaben der Kirche ist es, das in der Heiligen Schrift gegebene und in den Bekenntnissen der Reformation bezeugte Evangelium von Jesus Christus jungen Menschen weiterzugeben. Evangelische Jugendarbeit hat den besonderen Auftrag, jungen Menschen in ihrer Lebenswelt und spezifischen Lebenssituation dieses Evangelium von Jesus Christus zu bezeugen, als Zuspruch und Anspruch Gottes auf das ganze Leben und die Gestaltung der Welt. Zu den Wesensmerkmalen Evangelischer Jugendarbeit gehören Freiwilligkeit, Partizipation und Selbstorganisation auf allen Ebenen der Kirche, der Werke und Verbände.
Die Jugendarbeit in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg zeichnet sich durch eine Vielfalt an gewachsenen Formen und Strukturen aus. Der große Reichtum an ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestimmt die unterschiedlichsten Angebote für Kinder und Jugendliche. Neben die Arbeit von und in den Gemeinden, der landeskirchlich beauftragten Träger der Jugend- und Jugendsozialarbeit treten viele Initiativen, die als freie Verbände und Werke unabhängig von Finanzen und Strukturen der Gemeinden und der Landeskirche ihre Arbeit tun. Die Angebote im Bereich der Jugendarbeit reichen von der Gruppenarbeit, die man am ehesten noch altersspezifisch einordnen kann (z.B. Mädchenkreise, Jungengruppen und koedukative Clubs für 13-17jährige), über offene Angebote, Zielgruppenarbeit, bis hin zur Jugendsozialarbeit. Quer durch alle Werke und Verbände hindurch ist die Gruppenarbeit ein Schwerpunkt. Mehr und mehr entstehen offene Angebote in Form von Cafés oder offenen Häusern. Geistliche Schulungszentren und Lebensgemeinschaften zeigen einen anderen Aspekt in der Suche nach Formen, die das Zeugnis des Evangeliums im Leben spüren lassen und vertiefte Schulung ermöglichen.
Lebensbedingungen ändern sich schnell. Individualisierung und Pluralisierung kennzeichnen die gesellschaftliche Entwicklung. Die Vielfalt der Lebensmöglichkeiten und -gestaltungen differenziert sich weiter aus. Die Angebote Evangelischer Jugendarbeit finden sich in Konkurrenz zu anderen Freizeitangeboten. Das Freizeitverhalten ist oft durch eine Konsumhaltung gekennzeichnet. Die Lebenskulturen junger Menschen wechseln rasch, so daß die Evangelische Jugendarbeit mit ihrem Zeugnis sich auf die sich verändernden Lebenssituationen junger Menschen flexibel einzustellen hat.
Strukturen und Ordnungen können deshalb heute nur Gerüste sein, die dazu beitragen, daß der Auftrag der Evangelischen Jugendarbeit erfüllt werden kann. Die Rahmenbedingungen müssen für jede Zeit neu definiert werden.
Vor 1933
Die Zahl der Evangelischen Jugendverbände in Württemberg vor 1933 war groß. Zugleich war das Verhältnis zwischen Kirche und den Evangelischen Jugendverbänden vor 1933 nicht rechtlich geordnet.
1934
Für die reiche Tradition und Vielfalt der Jugendarbeit in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg war das Jahr 1934 ein gravierender Einschnitt. Durch Maßnahmen des nationalsozialistischen Regimes wurde „die württembergische Kirchenleitung veranlaßt, zum Schutz der Evangelischen Jugend die bisherige Verbandsarbeit an den unter 18jährigen im Einvernehmen mit den Jugendverbänden in die Landeskirche zu übernehmen und durch die Evangelische Landesjugendstelle durchführen zu lassen.“ (vgl. Abl. 32 Nr. 17, 12. Dezember 1946, S. 174)
1946
Nachdem durch das Ende des Krieges und dem damit einhergehenden Zusammenbruch des nationalsozialistischen Staates eine Neuordnung der Jugendarbeit möglich war, hat der Evangelische Oberkirchenrat im Einvernehmen mit dem Evangelischen Jungmännerwerk und dem Evangelischen Verband für die weibliche Jugend eine Ordnung der Evangelischen Jugendarbeit in Württemberg am 17. Oktober 1946 erlassen. In dieser Ordnung wird festgelegt, daß das Evangelische Jungmännerwerk, der Evangelische Verband für die weibliche Jugend und die Vereinigung der Mädchenbibelkreise zum Evangelischen Jugendwerk zusammengeschlossen werden, das sich in das Evangelische Jungmännerwerk und das Evangelische Mädchenwerk gliedert. „Beide Werke tun ihren Dienst in Weiterführung des überkommenen Erbes selbständig im Auftrag der Landeskirche.
Das Landesjugendpfarramt nimmt außer seinen sonstigen Aufgaben im ständigen Auftrag der Kirchenleitung die Verantwortung der Landeskirche beim Ev. Jugendwerk wahr.
Das Ev. Jugendwerk hat den Auftrag, der jungen Generation das Evangelium von Jesus Christus, dem Sohn Gottes und Heiland der Welt, zu bezeugen. Dieser Dienst geschieht durch die regelmäßigen wöchentlichen Veranstaltungen, durch Jugendevangelisationen, Treffen, Rüstzeiten, Lager u.a..“ (vgl. Abl. 32 S. 174 f.)
Dem Landesjugendpfarrer wurde die gesamte landeskirchliche Aufgabe auf dem Gebiet der „Jugendführung“ zugewiesen. Dazu die Aufgabe, die Jugendarbeit in der Landeskirche nach Kräften zu fördern, die Werbung und Schulung der hauptamtlichen kirchlichen Kräfte zu organisieren und auch die Veranstaltung von Freizeiten, Bezirks- und Landestreffen und Jugendevangelisationen, soweit diese Veranstaltungen für beide Geschlechter bestimmt sind.
1967
Eine Reihe von Aktionen und Arbeitsformen Evangelischer Jugendarbeit entstanden im Laufe der Jahre, die zwar landeskirchlich anerkannt und gefördert wurden, jedoch nicht dem Evangelischen Jugendwerk angeschlossen waren. Die Industriejugendarbeit der Evangelischen Akademie Bad Boll, der Evangelische Jugendaufbaudienst Württemberg, das Diakonische Jahr der Evangelischen Landeskirche Württemberg und die Arbeitsgemeinschaft Höhere Schule (jetzt Landeskirchliche Schülerinnen- und Schülerarbeit), der Verein für Internationale Jugendarbeit und die Evangelische Jugend auf dem Lande. Diese bildeten schon seit 1967 zusammen mit der Bezirksjugendpfarrerkonferenz unter dem Vorsitz des Landesjugendpfarrers die „Konferenz der Jugendarbeit in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg“.
1971
Von der Situation der ersten Nachkriegsjahre ausgehend faßte diese Ordnung die gesamte Evangelische Jugendarbeit im Evangelischen Jugendwerk zusammen. In der Folgezeit sind Gruppen und Aktionen mit männlichen und weiblichen Gliedern entstanden, die vielfach weder dem Evangelischen Jungmännerwerk, noch dem Evangelischen Mädchenwerk zugeordnet waren. Das Zunehmen dieser Arbeitsformen, der verstärkte Rückgang der geschlechtsspezifischen Arbeit und das Entstehen von neuen Formen der koedukativen Jugendarbeit führten zu einer Neuordnung der Jugendarbeit in der Form, daß das Evangelische Jungmännerwerk und das Evangelische Mädchenwerk 1971 zum Evangelischen Jugendwerk in Württemberg (ejw) fusionierten. Der CVJM Landesverband e.V. als Teil des Jungmännerwerks wurde Gliederung im Jugendwerk. Die Evangelische Jugend auf dem Lande ebenso wie der Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (der sich aus dem Ev. Mädchenpfadfinderbund, der dem Mädchenwerk angehörte, und der Christlichen Pfadfinderschaft Deutschlands im Jungmännerwerk zusammensetzte) wurden als korporative Verbände dem Evangelischen Jugendwerk angeschlossen.
1975
An die Stelle der „Konferenz der Jugendarbeit der Evangelischen Landeskirche in Württemberg“ ist 1975 die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Württemberg (AGEJW) getreten. „Sie ist ein freiwilliger Zusammenschluß der verschiedenen Gruppierungen und Arbeitsformen Evangelischer Jugendarbeit in Württemberg. Die Selbständigkeit und Eigenart der Mitglieder bleibt gewahrt“. (Aus der Ordnung der AGEJW von 1975)
Die AGEJW vertritt die jugendpolitischen Interessen im Landesjugendring und als Landeskirchliche Jugendarbeit in der Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Jugend in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (aej). Die Geschäftsführung der AGEJW liegt beim Ev. Landesjugendpfarramt. Mit der Abwicklung der Versicherungen und des Zuschußwesens ist der Geschäftsführer des ejw beauftragt. Innerhalb der AGEJW tagten im „Ausschuß für Landeskirchliche Jugendarbeit“ (ALJ) die Gruppierungen die im Auftrag der Landeskirche arbeiteten. Dies sind: Das Evangelische Jugendwerk in Württemberg (einschließlich seiner Gliederung CVJM-Landesverband, seiner korporativen Verbände VCP und ejl), das Diakonische Jahr, der Evangelische Jugendaufbaudienst (EJAD), der Fachbereich Jugend und Arbeitswelt der Evangelischen Akademie Bad Boll, die Landeskirchliche Schülerinnen- und Schülerarbeit (Lakisa) und der Verein für Internationale Jugendarbeit (VIJ). Die Bezirksjugendpfarrerinnen- und Bezirksjugendpfarrerkonferenz und der Konvent der hauptamtlichen Jugendpfarrerinnen und -pfarrer arbeiten unter dem Vorsitz des Landesjugendpfarrers.
Durch weitere Entwicklungen in der Ausdifferenzierung der Jugendarbeit und strukturelle Veränderungen war es nötig geworden, die Ordnung der Evangelischen Jugendarbeit in Württemberg aus dem Jahr 1946 zu überarbeiten. Im Jahr 1992 überarbeitete das Evangelische Jugendwerk in Württemberg seine Ordnung, infolgedessen auch die Bezirksrahmenordnung für die Jugendarbeit auf Bezirksebene überarbeitet wurde. Ein weiterer Beratungsprozeß beschäftigte sich nun mit der landeskirchlich beauftragten Jugendarbeit. Im Laufe der Jahre war deutlich geworden, daß ein intensiveres Zusammenwirken all der Träger Evangelischer Jugendarbeit, die im Auftrag der Landeskirche arbeiten, zur Förderung der Jugendarbeit in der Landeskirche hilfreich ist. Aus diesen Überlegungen entstand die Arbeitsgemeinschaft Landeskirchliche Jugendarbeit (AGLJ).
Die Ordnung der Evangelischen Jugendarbeit in Württemberg besteht aus:
• | Der Ordnung für das Evangelische Landesjugendpfarramt (LJPF) (1995) |
• | Der Ordnung für die Arbeitsgemeinschaft Landeskirchliche Jugendarbeit (AGLJ) (1998) |
• | Der Ordnung für das Evangelische Jugendwerk in Württemberg (ejw) (1995) mit der Rahmenordnung für Bezirksjugendwerke (BRO) (1995) |
• | Der Ordnung der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Württemberg (AGEJW) (1975/1978) |