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Kirchengericht:Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
Entscheidungsform:Urteil
Datum:07.10.2005
Aktenzeichen:VG 18/04
Rechtsgrundlage:§ 79 Abs. 1 KVwGG; § 50 Abs. 1 Württ. Pfarrergesetz; § 50 Abs. 2 Württ. Pfarrergesetz; § 50 Abs. 4 Württ. Pfarrergesetz; Gleichbehandlungsgebot
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Beurlaubung zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit, Ermessensentscheidung, Prüfungsrahmen

Leitsatz

und Urteil des Verwaltungsgerichts
der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
vom 9. Dezember 2005

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Leitsatz:

  1. Über den Antrag eines Pfarrers auf Beurlaubung zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit (hier: als Psychotherapeut) ist unter Ausübung von Ermessen zu entscheiden. Aus § 50 Abs. 2 oder Abs. 4 Württ. Pfarrergesetz folgt kein unmittelbarer Anspruch auf Beurlaubung.
  2. Das Gleichbehandlungsgebot ist auch im Bereich des Kirchenrechts zu beachten.
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Az: VG 18/04
In der Verwaltungsrechtssache
Pfarrer …
- Kläger-
prozessbevollmächtigt:
...
...
gegen
die Evangelische Landeskirche in Württemberg,
vertr. durch den Oberkirchenrat,
dieser vertr. d. d. Direktorin im Oberkirchenrat,
Frau Oberkirchenrätin Rupp,
Gänsheidestraße 4, 70184 Stuttgart
- Beklagte -
wegen
Beurlaubung
hat das Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg durch den Richter am Verwaltungsgericht Dipl.-Theol. Rainer E. Müller als Vorsitzenden den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dieter Eiche als Mitglied mit der Befähigung zum Richteramt
die Pfarrerin Bärbel Danner als ordiniertes Mitglied
die Pfarrerin Renate Kleinmann als ordiniertes Mitglied
den Rechtsanwalt Dr. Dieter Deuschle als nichtordiniertes Mitglied
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 7. Oktober 2005 für Recht erkannt:
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Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand:

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Der Kläger begehrt seine Beurlaubung.
Der Kläger wurde im Jahre 1954 geboren. Er studierte in Tübingen Theologie und legte die I. Theologische Dienstprüfung im Jahre 1979, die II. Dienstprüfung im Jahre 1985 ab. Parallel absolvierte er ein Studium der Pädagogik, die Diplomprüfung in der Fachrichtung Sozialpädagogik bestand er 1982. Im Jahre 1985 begann der Kläger eine berufsbegleitende Weiterbildung zum Psychodramaleiter am Moreno-Institut in Stuttgart, die er 1990 abschloss.
Ab 1986 war der Kläger als Pfarrer in Langenbeutingen tätig.
Zum 1. September 1989 wurde der Kläger auf eine bewegliche Pfarrstelle ernannt, der nur noch ein Dienstauftrag von 50 % in Langenbeutingen zugeordnet war; gleichzeitig wurde er als hauptberuflicher Sozialpädagoge bei der Psychologischen Beratungsstelle in Heilbronn befristet bis 31. August 1992 angestellt, wobei der Dienstauftrag ebenfalls auf 50 % festgesetzt wurde. Ab 1. September 1992 erhielt der Kläger einen Dienstauftrag mit 75 % an der Psychologischen Beratungsstelle Heilbronn und einen Dienstauftrag mit 25 % im Religionsunterricht in Öhringen. Ab 1. August 1994 wurde dem Kläger – zunächst befristet bis zum 28. Februar 1995 – ein voller Dienstauftrag bei der Psychologischen Beratungsstelle Heilbronn übertragen.
In der Folgezeit machte sich der Kläger über die Auswirkungen einer Übernahme in ein privatrechtliches Anstellungsverhältnis bei der Psychologischen Beratungsstelle kundig. Es kam dann zu einer Verlängerung des Dienstauftrags, die in eine Freistellung zur Übernahme der Stelle des Leiters der Psychologischen Beratungsstelle des Evangelischen Kirchenbezirks Heilbronn mit Wirkung ab 1. Juni 1998 mündete. Die Freistellung war bis 31. Mai 2003 befristet; mit der Freistellung endete die Amtszeit des Klägers auf einer beweglichen Pfarrstelle. Mit Bescheid des Oberkirchenrates vom 2. August 1999 wurde der Dienstauftrag als Leiter der Psychologischen Beratungsstelle für die Dauer einer Weiterbildung zum analytischen Kinder- und Jugendtherapeuten in der Zeit vom 1. Februar 1999 bis 31. Dezember 2000 auf 80 % reduziert. Besoldet wurde der Kläger nach Pfarrbesoldungsgruppe P 2.
Mit Wirkung vom 1. Juli 2000 wurde der Kläger auf die Pfarrstelle „Leiter der Landesstelle der Psychologischen Beratungsstellen in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg“ ernannt. Die Stelle ist in Pfarrbesoldungsgruppe P 4 eingestuft.
Im November 2001 beantragte der Kläger, ihn mit Wirkung zum 31. März 2002 von seinem Auftrag als Leiter der Landesstelle zu entbinden und ihn ab 1. April 2002 zu beurlauben. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, dass ihm zum einen die für die Wahrnehmung seiner Aufgaben notwendigen Befugnisse entzogen worden seien und dass zum anderen die Ausstattung der Landesstelle mangelhaft sei, so dass seine Arbeit insgesamt stark behindert werde.
Daraufhin beurlaubte der Oberkirchenrat den Kläger durch Bescheid vom 4. Februar 2002 aus persönlichen Gründen ohne Dienstbezüge für die Dauer von 2 Jahren, also bis 31. März 2004. In dem Bescheid hieß es, eine Verlängerung der Beurlaubung sei nicht möglich, da ein dienstliches Interesse an der Ermöglichung einer Rückkehr aus der Beurlaubung über den Zeitraum von zwei Jahren hinaus derzeit nicht erkennbar sei. Falls der Kläger nicht in den Dienst der Landeskirche zurückkehren wolle, werde er gebeten, spätestens 6 Monate vor Ablauf der Beurlaubung die Entlassung aus dem Pfarrerdienstverhältnis zu beantragen.
Dessen ungeachtet wurde einem Antrag des Klägers auf eine weitere Verlängerung der Beurlaubung bis 31. Dezember 2004 stattgegeben, der Kläger hatte den Antrag damit begründet, er wolle noch anstehende Fragen im Hinblick auf seinen weiteren dienstlichen Werdegang in Ruhe klären können.
Unter dem Datum vom 24. November 2004 beantragte der Kläger eine Verlängerung seiner Beurlaubung bis zum 31. März 2010. Weiter hieß es in dem Schreiben, nach Ablauf dieses Zeitraums könne er sich gut vorstellen, gerne wieder einen Dienstauftrag in der Landeskirche zu übernehmen, der seinen Qualifikationen und Eignungen entspreche. Zur Begründung legte er dar, seine Absicht, die er mit dem (ursprünglichen) Antrag auf Beurlaubung verbunden habe, sei es gewesen, einige Jahre in freier Praxis als niedergelassener Psychotherapeut zu arbeiten. Der zunächst gewährte Zeitraum der Beurlaubung sei insoweit einfach zu knapp bemessen. Unter anderem sei ungeklärt, wie seine Alterssicherung aussehen würde unter der Prämisse einer Entlassung. Dies habe auch in dem Zeitraum der verlängerten Beurlaubung nicht geklärt werden können. Ihm sei zur Kenntnis gekommen, dass das Innenministerium eine umfangreiche Neuordnung des Beamtenrechts plane, die auch einen vereinfachten Übergang in einen anderen Status ermögliche, wobei die erworbenen Altersbezüge „mitgenommen“ werden könnten. Die Landeskirche werde sich dem wohl anschließen. Er wolle nochmals betonen, dass seine Absicht, eine Zeitlang als niedergelassener Psychotherapeut zu arbeiten, für ihn keineswegs eine grundsätzliche Entscheidung gegen einen Dienst in der Landeskirche bedeute. Zu bedenken sei bei der Entscheidung über die Beurlaubung auch, dass er die Situation, aus der er heraus um Beurlaubung gebeten habe, schließlich nicht allein zu verantworten gehabt habe.
Mit Bescheid vom 20. Dezember 2004 lehnte der Oberkirchenrat eine weitere Beurlaubung ab. Nach ausführlicher Abwägung der persönlichen Interessen des Klägers an einer weiteren Beurlaubung mit den Interessen der Landeskirche an einer zeitnahen endgültigen Entscheidung für oder gegen eine Rückkehr in den landeskirchlichen Pfarrdienst sei der Antrag abgelehnt worden. Die ursprünglich befristete Beurlaubung sei dem Kläger bewilligt worden, um sich über seinen weiteren beruflichen Weg klar zu werden. Die dann nochmals erfolgte Verlängerung der Beurlaubung sei vor allem deshalb gewährt worden, damit sich der Kläger vor einer endgültigen Entscheidung über den Stand seiner Versorgungsanwartschaften bzw. Rentenanwartschaften Klarheit habe verschaffen können. Wenn es ihm nicht gelungen sei, von seinem örtlichen Rentenberater eine befriedigende Auskunft zu erhalten, liege dies nicht im Einflussbereich des Oberkirchenrats. Die Bereitschaft, nach Ablauf der gesetzlich verankerten Höchstbeurlaubungsdauer einen Dienstauftrag zu übernehmen, der seinen „Qualifikationen und Neigungen entspricht“, ändere die zu beurteilende Situation nicht grundlegend, da nicht damit zu rechnen sei, dass am 1. April 2010 ein derartiger Dienstauftrag ohne weiteres zur Verfügung stehe. Vielmehr wäre die Bereitschaft erforderlich, jeden zumutbaren und zur Verfügung stehenden Dienstauftrag im Bereich der Landeskirche zu übernehmen. Das Risiko, dass sich der Kläger erst im Jahre 2010 schließlich doch zu einer weiteren Tätigkeit als Psychotherapeut und für eine Entlassung aus dem landekirchlichen Pfarrdienst entscheide, sei die Landeskirche nicht bereit zu übernehmen, da damit auch erhebliche finanzielle Lasten für die Landeskirche verbunden seien, ohne dass dem Kläger hieraus entsprechende finanzielle Vorteile entstünden. Die Landeskirche müsse zur bloßen Aufrechterhaltung der Versorgungsanwartschaften einen jährlichen Beitrag von inzwischen 15.234,00 Euro an die Evangelische Ruhegehaltskasse entrichten. Diese Beiträge wären auch im Falle einer Entlassung und Nachversicherung – die mit weiteren Aufwendungen zwischen 155.000,00 Euro und 167.000,00 Euro verbunden wäre – nicht erstattungsfähig. Dies könne die Landeskirche aufgrund der gegebenen finanziellen Situation nicht verantworten. Daher sei seinerzeit entschieden worden, den Kläger lediglich für einen Überganszeitraum zu beurlauben, der zu einer endgültigen Entscheidungsfindung dienen und dem Kläger gegebenenfalls den Übergang in die Selbstständigkeit absichern und damit erleichtern sollte. Der dafür angesetzte Zeitraum von insgesamt 2 Jahren und 9 Monaten sei hierfür angemessen und ausreichend bemessen gewesen.
Am 29. Dezember 2004 hat der Kläger das Verwaltungsgericht angerufen. Zur Begründung der Klage trägt er vor, er wolle nochmals betonen, dass er grundsätzlich gewillt sei, nach Ablauf des Beurlaubungszeitraums im Frühjahr 2010 in den kirchlichen Dienst zurückzukehren. Er sei auch weiterhin außerordentlich stark kirchlich engagiert und fühle sich auch subjektiv weiterhin als Pfarrer der Evangelischen Landeskirche. So sei er beispielsweise seit 6 Jahren Vorsitzender des Ständigen Ausschusses für Psychologische Beratung und Seelsorge des Evangelischen Kirchentags. Er wolle sich also in keiner Weise von der Kirche absetzen. Er habe grundsätzlich einen Anspruch auf eine entsprechende Beurlaubung nach § 50 Abs. 1 Württembergisches Pfarrergesetz – Württ. Pfarrergesetz. Dieser erstrecke sich nach § 50 Abs. 2 Württ. Pfarrergesetz auf einen Zeitraum von 8 Jahren – so wie von ihm derzeit angestrebt –, in Ausnahmefällen von bis zu zwölf Jahren. Irgendwelche dienstliche Gründe oder dienstliche Anforderungen stünden offensichtlich einer weiteren Beurlaubung nicht entgegen. Die fiskalischen Erwägungen des Oberkirchenrats seien nicht berücksichtigungsfähig; die anlässlich einer Beurlaubung im Hinblick auf den Fortbestand der Versorgungsanwartschaften anfallenden finanziellen Lasten seien von vornherein vom Gesetzgeber gewollt bzw. von diesem in Kauf genommen worden. Diese finanziellen Lasten könnten daher nunmehr nicht dem Antrag auf eine Beurlaubung entgegen gehalten werden.
Ferner macht der Kläger geltend, er habe die Dienstaufträge außerhalb des Gemeindepfarramts jeweils auf ausdrücklichen Wunsch der Kirchenleitung übernommen. Von einem Entgegenkommen der Landeskirche könne also keine Rede sein, das Entgegenkommen sei auf seiner Seite gewesen. Für den Dienst nach der Beurlaubung nehme er nur dasjenige für sich in Anspruch, was bei jedem Pfarrer der Landeskirche vernünftige Gepflogenheit sei: Dass nämlich seine Neigungen und Fähigkeiten sowie seine persönlichen Verhältnisse bei der Vergabe eines Dienstauftrags berücksichtigt werden. Zu beachten sei auch, dass sich seine Ehefrau auf die Anwartschaften verlassen habe, die ihr als Ehefrau eines Pfarrers zustünden, und deshalb auch zunächst nur in bescheidenem Umfang einer beruflichen Tätigkeit nachgegangen sei; dies habe auch der Bekundung des Oberkirchenrats entsprochen, wonach die berufliche Tätigkeit einer Pfarrfrau nicht erwünscht sei. Wenn ihm nun nahe gelegt werde, einen Entlassungsantrag zu stellen, stehe seine Frau ohne Altersversorgung da; dies sei unangemessen und unfair.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Beurlaubungsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft ihre bisherigen Darlegungen. Insbesondere wird darauf hin gewiesen, dass § 50 Württ. Pfarrergesetz dem Kläger kein subjektives Recht auf eine Beurlaubung aus dem Pfarrdienst bis zum Ablauf der Höchstbeurlaubungsdauer einräume. Der Kläger habe lediglich ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein Urlaubsbegehren. Anhaltspunkte für eine Reduzierung des landeskirchlichen Ermessens auf Null seien weder ersichtlich noch angebracht. § 50 Württ. Pfarrergesetz räume der Landeskirche einen weiten Ermessensspielraum ein. Es sei ihr auch nicht verwehrt, die eingeräumten Spielräume differenziert auszugestalten, soweit die Entscheidung von sachlichen Gründen getragen werde und den jeweiligen Antragsteller nicht unverhältnismäßig und unangemessen benachteilige. So werde beispielsweise die gesetzliche Höchstbeurlaubungsdauer nur beim Vorliegen anzuerkennender familiären Gründe oder einem ausgesprochenen dienstlichen Interesse an einer weiteren Beurlaubung ausnahmsweise auf 12 Jahre verlängert. Es bestehe aber auch die Möglichkeit, sich aus anderen Gründen rein persönlicher Natur beurlauben zu lassen. In diesen Fällen behalte sich die Landeskirche allerdings vor, die Beurlaubungsdauer auch unterhalb der gesetzlichen Höchstdauer angemessen und verhältnismäßig zu begrenzen. Dies gelte vor allem dann, wenn eine hauptberufliche Nebentätigkeit aufgenommen werde, die nahe lege, das der Betroffene beabsichtige, sich eine dauerhafte berufliche Existenz außerhalb des Pfarrdienstes aufzubauen. Dies habe das Kollegium des Oberkirchenrats anlässlich der Entscheidung über das Beurlaubungsbegehren des Klägers für künftige Fälle grundsätzlich beschlossen. Für die getroffene Entscheidung hätten nicht nur fiskalische Erwägungen eine Rolle gespielt, vielmehr auch personalpolitische. Der Kläger sei nach Ablauf des von ihm begehrten Beurlaubungszeitraums 56 Jahre alt und habe dann über 17 Jahre lang kein Gemeindepfarramt versehen. Daher sei nachvollziehbar, wenn der Kläger in seinem Schreiben vom 24. November 2004 formuliere, er könnte sich gut vorstellen, in 5 Jahren wieder einen Dienstauftrag in der Landeskirche zu übernehmen, der seinen Qualifikationen und Neigungen entspreche. Der Kläger habe immer schon großen Wert darauf gelegt, keinen rein pfarramtlichen Dienstauftrag wahrzunehmen, die Beklagte habe sich immer bemüht, dem Kläger insoweit entgegenzukommen, auch wenn sich dies aus vielen Gründen nicht immer einfach gestaltet habe. Es sei aber festzuhalten, dass ein uneingeschränktes Bekenntnis zum Pfarrerberuf als solchem und zur unbedingten Rückkehr auf eine zumutbare und ggf. auch geringer eingestufte Pfarrstelle bzw. zur Übernahme eines entsprechenden Übergangsdienstauftrages den bisherigen Äußerungen des Klägers nicht zu entnehmen sei. Hinzu komme, dass in keiner Weise garantiert werden könne, dass zum Ende der begehrten Beurlaubung eine den Vorstellungen des Klägers entsprechende und besoldungsmäßig entsprechend eingestufte Pfarrstelle zur Verfügung stehe. Die Chancen hierfür seien als eher gering einzuschätzen. Würde der Kläger dann die Entlassung aus dem Pfarrdienst beantragen, weil die Landeskirche ihm nicht die von ihm erwartete berufliche Perspektive bieten könne, so wären die im Bescheid genannten Beiträge an die Evangelische Ruhegehaltskasse nutzlos aufgewendet. Einen Entlassungsantrag könne die Landeskirche nicht verhindern.
Dem Gericht haben die in der Sache angefallenen Akten des Oberkirchenrats vorgelegen. Auf sie und auf die Gerichtsakten wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
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Gründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Beurlaubungsantrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Denn der eine Beurlaubung ablehnende Bescheid des Oberkirchenrats vom 20. Dezember 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Grundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Beurlaubung ist § 50 Abs. 1 Württ. Pfarrergesetz. Danach kann, soweit durch Kirchengesetz nichts anderes bestimmt ist, ein Pfarrer auf seinen Antrag oder mit seiner Zustimmung vom Dienst beurlaubt werden. Aus dem Wortlaut der Vorschrift („kann“) ist ersichtlich, dass einem Pfarrer auf seinen Antrag hin kein unmittelbarer Anspruch auf eine Beurlaubung, sondern lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen derartigen Antrag zusteht. Nur einen solchen Anspruch verfolgt denn auch der Kläger mit dem vorliegenden gestellten Klagantrag auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Mit diesem Begehren könnte der Kläger jedoch nur durchdringen, wenn festgestellt werden könnte, dass der Oberkirchenrat bei seiner ablehnenden Entscheidung ermessensfehlerhaft gehandelt hätte. Solches ist jedoch nicht der Fall.Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich, solche wurden auch von Klägerseite nicht geltend gemacht. Aber auch in materieller Hinsicht begegnet die getroffene Entscheidung keinen rechtlichen Bedenken.
Bei der Ermessensentscheidung über die Beurlaubung eines Pfarrers hat der Oberkirchenrat das Interesse der Landeskirche an einer (weiteren) Tätigkeit des Pfarrers in ihren Diensten einerseits und das Interesse des Pfarrers an der Beurlaubung und damit an der Befreiung von der Pflicht zur Wahrnehmung seines kirchlichen Dienstes (§ 50 Abs. 4 Württ. Pfarrergesetz) andererseits gegeneinander abzuwägen. Diese Ermessensentscheidung ist für das Gericht nur in den durch § 79 Satz 1 KVwGG gezogenen Grenzen überprüfbar. Dies bedeutet, dass sich das Gericht nicht an die Stelle der Behörde setzen und eine ihm angemessen erscheinende eigene Ermessensentscheidung treffen darf. Zu überprüfen ist jedoch, ob die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt und ob sie bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten hat. Dazu gehört auch die Frage, ob die Behörde alle für ihre Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte gesehen und in ihre Entscheidung eingestellt hat. Die einer derartigen Überprüfung zugrunde liegende Sach- und Rechtslage wird dabei durch den Zeitpunkt des Ergehens der (letzten) behördlichen Entscheidung bestimmt (vgl. Kuntze in Bader, VwGO, 3. Auflage, § 114 Rd.-Nr. 4). Insoweit kommt es vorliegend auf die Sach- und Rechtslage zum 22. Dezember 2004 an, dem Zeitpunkt, an dem der angefochtene Bescheid dem Kläger zugegangen ist.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze vermag das Gericht einen Ermessensfehler des Oberkirchenrats nicht festzustellen. Insbesondere stellt es keinen sachfremden Gesichtspunkt und damit keine Willkür dar, dass der Oberkirchenrat seiner Entscheidung auch personalpolitische und fiskalische Erwägungen zu Grunde gelegt hat.
Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich § 50 Württ. Pfarrergesetz nicht entnehmen, dass die vom Oberkirchenrat dargestellte Belastung des Haushalts durch Zahlungen an die Evangelische Ruhegehaltskasse zur Aufrechterhaltung der Versorgungsanwartschaften eines beurlaubten Pfarrers, denen keine messbare Dienstleistung des Pfarrers gegenübersteht, nicht in die Entscheidung über eine zeitweise Beurlaubung einfließen dürfte. Gegenteiliges ergibt sich insbesondere nicht aus § 50 Abs. 4 Württ. Pfarrergesetz. Dort wird lediglich geregelt, dass die Versorgungsanwartschaft des beurlaubten Pfarrers bestehen bleibt; mehr – auch nicht, dass bei der Beurlaubungsentscheidung dieser Umstand ausgeblendet werden müsste – besagt diese Vorschrift nicht. Hätte der Gesetzgeber, die Landessynode, dies anders beurteilen wollen, hätte dies einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft. Denn neben dem Gesichtspunkt, dass ein Pfarrer während einer Beurlaubung der Landeskirche nicht zur Dienstausübung zur Verfügung steht, ist der aufgezeigte wirtschaftliche Gesichtspunkt der andere wesentliche Aspekt, durch den die Landeskirche im Falle einer Beurlaubung belastet wird, weshalb bei verständiger Würdigung es nicht sachdienlich erscheint, diesen Umstand bei der oben beschriebenen Interessenabwägung unberücksichtigt zu lassen.
Entsprechendes gilt für die Überlegungen, die der Oberkirchenrat im Hinblick auf die Stellensituation nach Ablauf der – hypothetischen – Beurlaubung des Klägers entsprechend seinem Antrag angestellt hat. Auch insoweit ist kein Ermessensfehler ersichtlich. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass der Oberkirchenrat zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens der ablehnenden Entscheidung davon ausging, beim Kläger sei nicht die vorbehaltlose Bereitschaft vorhanden, nach Ablauf der beantragten Beurlaubung eine ihm angebotene (Pfarr–)Stelle anzunehmen. Denn die im Antragsschreiben des Klägers vom 24. November 2004 enthaltene Aussage des Klägers, er könne sich nach Ablauf des Beurlaubungszeitraums „gut vorstellen, gerne wieder einen Dienstauftrag in der Landeskirche zu übernehmen, der (seinen) Qualifikationen und Neigungen entspricht“, lässt durchaus den Schluss darauf zu, dass er nach der Beurlaubung allenfalls zur Übernahme eines Dienstauftrags bereit wäre, der seinen spezifischen Vorstellungen entspricht. Ferner enthält auch die Passage im Antragschreiben, ihm, dem Kläger sei zur Kenntnis gekommen, dass das Innenministerium eine umfangreiche Neuordnung des Beamtenrechts plane, die auch einen vereinfachten Übergang in einen anderen Status ermögliche, wobei die erworbenen Altersbezüge „mitgenommen“ werden könnten, einen deutlichen Hinweis darauf, dass - jedenfalls bei Antragstellung - vom Kläger ernsthaft mit dem Gedanken gespielt wurde, eines Tages aus dem Dienst der Landeskirche auszuscheiden. Auch die Berücksichtigung einer solchen Möglichkeit durch den Oberkirchenrat bei der Entscheidungen über den Beurlaubungsantrag kann deshalb nicht als sachwidrig oder gar unzutreffend gewertet werden.
Soweit von Klägerseite in diesem Zusammenhang vorgetragen wird, einem Pfarrer stünde eine Beurlaubung jedenfalls auf die Dauer von 8 Jahren zu, die im Einzelfall sogar bis höchstens 12 Jahre verlängert werden könne, vermag dies nicht zu überzeugen. Eine solche Auslegung gibt der vom Kläger zitierte § 50 Abs. 2 Württ. Pfarrergesetz nicht her, vielmehr wird dort lediglich die Höchstdauer der Beurlaubung geregelt, ohne darüber hinaus das bei der Beurlaubungsentscheidung nach § 50 Abs. 1 Württ. Pfarrergesetz auszuübende weite, nur durch das Willkürverbot eingeschränkte Ermessen zu lenken oder gar zu begrenzen.
Soweit vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde, eine Verlängerung seiner Beurlaubung sei auch deshalb notwendig, weil die Therapie zumindest eines Teils der von ihm betreuten Patienten über die bisherige Beurlaubungszeit hinaus fortgesetzt werden müsse, was bisher ebenfalls nicht berücksichtigt worden sei, so ist darauf hinzuweisen, dass dieser Umstand vom Oberkirchenrat schon deshalb nicht in die Entscheidung einbezogen werden konnte, weil der Kläger ihn bisher – insbesondere nicht bis zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt im Dezember 2004 – vorgetragen hatte. Das Fehlen entsprechender Erwägungen macht die ablehnende Beurlaubungsentscheidung deshalb nicht rechtswidrig. Darüber hinaus kann sich der Kläger hierauf schon deshalb nicht berufen, weil er bereits mit Bescheid vom 4. Februar 2002, mit dem er bis zum 31. März 2004 beurlaubt worden war, den Hinweis erhalten hatte, dass eine Verlängerungen der Beurlaubung nicht möglich sei. Ein rechtlich geschütztes Interesse darauf, dass ihm eine weitere Beurlaubung gewährt und eine über den genannten Zeitpunkt hinausgehende Tätigkeit als Psychotherapeut vom Oberkirchenrat ermöglicht würde, konnte sich beim Kläger deshalb vernünftigerweise nicht bilden. Hierauf hätte sich der Kläger – auch im Interesse seiner Patienten – einstellen müssen.
Es ist auch nicht erkennbar dass der Oberkirchenrat das kirchliche Engagement des Klägers – etwa als Vorsitzender des Ständigen Ausschusses für Psychologische Beratung und Seelsorge des Evangelischen Kirchentages – nicht erkannt oder falsch gewichtet hätte. Dass bei der getroffenen Entscheidung diesem Aspekt kein ausschlaggebendes Gewicht für eine weitere Beurlaubung eingeräumt wurde, ist von Gerichts wegen nicht zu beanstanden.
Das Gericht vermag ferner keinen Verstoß gegen das auch im Bereich des Kirchenrechts zu beachtende Gleichbehandlungsgebot festzustellen. Zwar hat der Kläger auf Doktoranden und Habilitanden verwiesen, die für längere Zeiträume beurlaubt worden sind. Bereits der Zweck dieser Beurlaubungen war danach – ebenso wie bei einer Beurlaubung aus familiären Gründen – ein anderer als im Falle des Klägers, bei dem die Beurlaubung der Ausübung eines Berufes dienen soll, wie er üblicherweise außerhalb des Pfarrdienstes ausgeübt wird. Von daher liegt ein sachlicher Grund vor, der eine Ungleichbehandlung der aufgezeigten Sachverhalte rechtfertigt. Insoweit handelt es sich bei dem Beschluss des Kollegiums des Oberkirchenrats vom 14. Dezember 2004, mit dem aus Anlass des Beurlaubungsantrags des Klägers festgelegt wurde, dass für die Fallgruppe einer Beurlaubung aus persönlichen Gründen mit dem Ziel der Gründung einer beruflichen Existenz außerhalb des Pfarrdienstes in der Regel lediglich eine Beurlaubung für den Zeitraum von höchstens zwei Jahren erfolgen könne, um eine Festschreibung der im Falle des Klägers bereits geübten Praxis für die Zukunft. Nicht entscheidend ist, dass dieser Beschluss auf den Kläger schon deshalb keine Anwendung finden dürfte, weil er ausweislich des über die Sitzung des Kollegiums vom 14. Dezember 2004 erstellten Protokolls erst nach der Ablehnung des Beurlaubungsantrags des Klägers gefasst wurde.
Nach allem ist nicht erkennbar, dass der Oberkirchenrat bei seiner Entscheidung den maßgeblichen Sachverhalt in ermessensfehlerhafter Weise ermittelt, erkannt oder gewichtet hätte.
Ferner ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte die angefochtene Entscheidung aus sachwidrigen Motiven getroffen hätte. Insbesondere erscheint der in der mündlichen Verhandlung vom Kläger erhobene Vorwurf, er solle mit der Versagung einer weiteren Beurlaubung zum Verlassen des landeskirchlichen Dienstes gezwungen werden, nicht haltbar. Vielmehr wurde von Seiten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung – für das Gericht nachvollziehbar – darauf hingewiesen, dass es bei der Versagung der Beurlaubung gerade um das Gegenteil dessen gehe, was der Kläger befürchte; tatsächlich habe die Landeskirche ein Interesse daran, dass der Kläger baldmöglichst wieder aktiv in den kirchlichen Dienst eintrete, weshalb eine weitere Beurlaubung nicht in Frage komme. Nimmt der Kläger aber wieder seinen Dienst auf, stellt sich auch nicht das von ihm aufgeworfene Problem der Versorgung seiner Ehefrau für den Fall eines Ausscheidens aus dem Dienst der Landeskirche.
Die getroffene Entscheidung widerspricht schließlich auch nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die dem Kläger durch die Versagung einer weiteren Beurlaubung auferlegte Verpflichtung, in den pfarramtlichen Dienst zurückzukehren, ist für diesen weder unzumutbar, noch steht diese Belastung in einem groben Missverhältnis zu dem damit verfolgten Interesse der Landeskirche an eine Rückkehr des Klägers in den Pfarrdienst. Dabei kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Landeskirche den Kläger bereits für die Dauer von 2 Jahren und 9 Monaten beurlaubt hatte, um ihm eine Entscheidung über seine berufliche Zukunft - innerhalb oder außerhalb eines kirchlichen Dienstverhältnisses - zu ermöglichen. Dieser Zeitraum war im Hinblick auf die zu treffende Entscheidung ausreichend lange bemessen.
Nach allen erweist sich die angefochtene Entscheidung als rechtlich nicht angreifbar. Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 89 Abs. 1 KVwGG abzuweisen.
gez. Müller
gez. Eiche
gez. Danner
gez. Kleinmann
gez. Dr. Deuschle