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Vereinbarung zwischen der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbänden sowie Schwestern- und Bruderschaften (Vereinbarung Pietismus – VP)

vom 1. Februar 2024

Abl. 71 Nr. 56

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Präambel

Am 10. Oktober 1743 wurde für das Herzogtum Württemberg das „General-Rescript, betreffend die Privat-Versammlungen der Pietisten“ erlassen.
Am 12. November 1987 hat die Evangelische Landeskirche in Württemberg eine Übereinkunft mit Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbänden sowie Schwestern- und Bruderschaften über die Durchführung von Abendmahlsfeiern getroffen.
Das Jubiläum „250 Jahre Pietisten-Reskript“ nahmen die Evangelische Landeskirche in Württemberg und Landeskirchliche Gemeinschaftsverbände zum Anlass, am 22. Dezember 1993 die Gegenseitige Erklärung zwischen Evangelischer Landeskirche und Landeskirchlichen Gemeinschaften „Pietisten-Reskript 1993“ zu unterzeichnen.
Am 12. April 2000 hat der Oberkirchenrat in Absprache mit Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbänden die Grundsätze zur Bildung von Gemeinschaftsgemeinden innerhalb der Evangelischen Landeskirche in Württemberg verabschiedet.
Daran wollen die Evangelische Landeskirche in Württemberg und Landeskirchliche Gemeinschaftsverbände im Jahr 2023 anknüpfen und das Miteinander aufgrund zahlreicher Veränderungen auch für die weitere Zukunft auf eine verlässliche Grundlage stellen.
Evangelische Landeskirche in Württemberg und Landeskirchliche Gemeinschaften sowie Schwestern- und Bruderschaften wissen sich verbunden im Glauben an das Evangelium von Jesus Christus, wie es in der Heiligen Schrift gegeben und in den Bekenntnissen der Reformation bezeugt ist. Auf dieser Grundlage unterscheidet die nachstehende Vereinbarung zwischen dem Zeugnis im Rahmen des Priestertums aller Gläubigen und dem Amt der öffentlichen Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung und ordnet diese Unterscheidung den verschiedenen Arbeitsformen der Gemeinschaften im Gnadauer Gemeinschaftsverband zu; entsprechend wird zwischen Landeskirchlichen Gemeinschaften im ergänzenden Dienst, Landeskirchlichen Gemeinschaften im partiell stellvertretenden Dienst samt Abendmahl in den Gemeinschaften sowie Schwestern- und Bruderschaften und Gemeinschaftsgemeinden innerhalb der Evangelischen Landeskirche in Württemberg als Landeskirchliche Gemeinschaften im alternativ stellvertretenden Dienst unterschieden.
Die Evangelische Landeskirche in Württemberg ist dankbar für das vielfältige Engagement der Landeskirchlichen Gemeinschaften, wie auch Landeskirchliche Gemeinschaften dankbar sind für die Wirkungsmöglichkeiten innerhalb der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Gleiches gilt für die Schwestern- und Bruderschaften.
Um das weitere Miteinander zu gestalten, schließen die Evangelische Landeskirche in Württemberg und Landeskirchliche Gemeinschaftsverbände sowie Schwestern- und Bruderschaften eine neue Vereinbarung. Die Vereinbarung ist getragen von der Überzeugung, durch den einen Herrn Jesus Christus verbunden in seinem Leib in aller Vielfalt gemeinsam eine Kirche zu sein und auch künftig sein zu wollen.
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Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen

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§ 1
Der gemeinsame Auftrag

Die Evangelische Landeskirche und Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbände sowie Schwestern- und Bruderschaften bekennen gemeinsam Jesus Christus als den Herrn seiner Gemeinde. Sie gründen sich auf die Heilige Schrift als die alleinige Quelle und Richtschnur von und für Glaube, Lehre und Leben. Sie halten fest, dass das Heil allein aus Gnade, allein durch den Glauben an Jesus Christus empfangen wird, so wie es die reformatorischen Bekenntnisse bezeugen. Der Auftrag Jesu Christi zur Verkündigung des Evangeliums verpflichtet die Evangelische Landeskirche und Landeskirchlichen Gemeinschaften sowie Schwestern- und Bruderschaften zu Zeugnis und Dienst.
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§ 2
Eigenständigkeit und Zusammenwirken

Die Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbände sowie Schwestern- und Bruderschaften gestalten als freie Werke in der Evangelischen Landeskirche ihre Arbeit in eigener Verantwortung. Dabei sind Evangelische Landeskirche und Landeskirchliche Gemeinschaftsverbände sowie Schwestern- und Bruderschaften gewillt, mit ihren Gaben vertrauensvoll zusammenzuwirken. Das bedeutet für Pfarrerinnen und Pfarrer wie auch für die Mitglieder der Kirchengemeinderäte, dass sie aufmerksam wahrnehmen und respektieren, was sich innerhalb ihrer Gemeinden an geistlichem Leben entwickelt. Die Evangelische Landeskirche und Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbände sowie Schwestern- und Bruderschaften empfehlen, in die Nachrichten der Kirchengemeinde und in die gottesdienstlichen Abkündigungen auch Veranstaltungen der Landeskirchlichen Gemeinschaften sowie Schwestern- und Bruderschaften aufzunehmen. Umgekehrt gilt für die Landeskirchlichen Gemeinschaften und ihre Leiterinnen und Leiter, dass sie sich als Teil der Evangelischen Landeskirche verstehen.
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§ 3
Taufe und Kirchenmitgliedschaft

Nach Schrift und Bekenntnis ist die Taufe nicht nur Aufnahme in den geistlichen Leib Christi und Aufnahme in eine konkrete Gemeinschaft vor Ort, sondern auch Aufnahme in eine Partikularkirche, die eine sichtbare Gestalt des Leibes Christi darstellt. In Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbänden sowie Schwestern- und Bruderschaften werden nur Taufen durchgeführt, die die Mitgliedschaft in einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland begründen.
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§ 4
Pfarrerinnen und Pfarrer und
Gemeinschaftsreferentinnen und Gemeinschaftsreferenten
sowie Gemeinschaftspastorinnen und Gemeinschaftspastoren

( 1 ) Die Pfarrerinnen und Pfarrer der Evangelischen Landeskirche und die Gemeinschaftsreferentinnen und Gemeinschaftsreferenten sowie Gemeinschaftspastorinnen und Gemeinschaftspastoren der Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbände sowie die entsprechenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schwestern- und Bruderschaften sind gehalten, die Gaben und Aufgaben der anderen zu achten und zu respektieren.
( 2 ) Den Gemeindepfarrerinnen und -pfarrern wird nahegelegt, die Verbindung zu den Gemeinschaftsreferentinnen und Gemeinschaftsreferenten sowie Gemeinschaftspastorinnen und Gemeinschaftspastoren der Landeskirchlichen Gemeinschaften sowie der entsprechenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schwestern- und Bruderschaften zu suchen, wie umgekehrt diese gebeten sind, regelmäßige Kontakte mit den Gemeindepfarrerinnen und -pfarrern ihres Bezirks zu pflegen. Gegenseitige Besuche, rechtzeitige Absprachen von Vorhaben und gelegentlicher Austausch, etwa bei der Verkündigung in Gottesdiensten und Gemeinschaftsstunden, auch Einladungen von Gemeinschaftsreferentinnen und Gemeinschaftsreferenten sowie Gemeinschaftspastorinnen und Gemeinschaftspastoren zu Zusammenkünften der Pfarrerschaft, können diese Beziehungen vertiefen.
( 3 ) Eine Pfarrerin oder ein Pfarrer der Evangelischen Landeskirche kann durch den Evangelischen Oberkirchenrat zum Dienst in einem Gemeinschaftsverband freigestellt oder zugewiesen werden. Voraussetzung ist das Vorliegen eines landeskirchlichen Interesses an der Freistellung oder Zuweisung.
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§ 5
Verbindungen und Absprachen

Die Kirchenleitung und die Leitungen der Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbände sowie Schwestern- und Bruderschaften treffen sich in regelmäßigen Abständen zu gemeinsamen Gesprächen, zu denen auch weitere Vertreterinnen und Vertreter des Pietismus eingeladen werden können. Auch das Präsidium der Landessynode ist daran zu beteiligen. Sie informieren sich darüber hinaus gegenseitig über wichtige Veröffentlichungen und Verlautbarungen. Sie sind darum besorgt, dass je in ihrem Bereich auch in den Bezirken und Gemeinden Entsprechendes geschieht. Sie entsprechen damit der apostolischen Mahnung nach Epheser 4,1-6, die in Jesus Christus vorgegebene Einheit seiner Gemeinde in aller menschlichen Unvollkommenheit sichtbar und erfahrbar zu machen, wie und wo immer dies möglich ist.
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Abschnitt 2
Landeskirchliche Gemeinschaften im ergänzenden Dienst

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§ 6
Veranstaltungen

Die Gemeinschaftsstunden und andere Veranstaltungen der Landeskirchlichen Gemeinschaften im ergänzenden Dienst haben ihr eigenes geistliches Profil im Rahmen des „Priestertums aller Gläubigen“. Von der bisherigen Regel, dass während der üblichen Gottesdienstzeit der Kirchengemeinde am Sonntagvormittag keine Zusammenkünfte von Landeskirchlichen Gemeinschaften im ergänzenden Dienst stattfinden, soll auch künftig nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden:
  • Wo aufgrund bestehender Tradition schon bisher zur Gottesdienstzeit Veranstaltungen der Gemeinschaften stattfinden, sollten örtliche Regelungen gefunden werden, die es ermöglichen, dass Besucherinnen und Besucher der Gemeinschaft auch am Gottesdienst der Kirchengemeinde teilnehmen können und umgekehrt.
  • Ausnahmsweise können am Sonntagvormittag auch zur üblichen Gottesdienstzeit Veranstaltungen von Gemeinschaften im ergänzenden Dienst durchgeführt werden:
    1. aus besonderen Anlässen (z. B. Jubiläen, Bezirkskonferenzen oder Bezirksmissionsfesten); dabei soll am Ort selbst geklärt werden, ob diese Veranstaltungen nicht auch mit dem Gottesdienst der örtlichen Kirchengemeinde zusammengelegt werden können;
    2. in besonderen Situationen Veranstaltungen mit spezifischer missionarischer Ausrichtung. Solche bedürfen aber zuvor der Absprache zwischen der Leitung des zuständigen Gemeinschaftsverbandes und dem Evangelischen Oberkirchenrat, der seinerseits das zuständige Dekanatamt mit einbezieht.
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Abschnitt 3
Landeskirchliche Gemeinschaften im partiell stellvertretenden Dienst, Abendmahl in den Gemeinschaften sowie Schwestern- und Bruderschaften

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§ 7
Amtshandlungen

( 1 ) Kirchliche Amtshandlungen sind Auftrag der zuständigen Gemeindepfarrerin oder des zuständigen Gemeindepfarrers. Nach Einholung des Dimissoriales kann auch eine andere Pfarrerin oder ein anderer Pfarrer eine Amtshandlung übernehmen.
( 2 ) Gemeinschaftsreferentinnen oder Gemeinschaftsreferenten und andere haupt-, neben- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der Gemeinschaftsverbände können nach vorheriger Absprache mit der Pfarrerin oder dem Pfarrer an Liturgie und Verkündigung beteiligt werden, wenn dies erbeten wird.
( 3 ) In besonders gelagerten Fällen, vor allem, wenn gewichtige seelsorgerliche Gründe dies nahelegen, können auch Gemeinschaftsreferentinnen oder Gemeinschaftsreferenten und andere haupt-, neben- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der Landeskirchlichen Gemeinschaften im partiell stellvertretenden Dienst entsprechend den Ordnungen der Landeskirche vom Oberkirchenrat zur Vornahme von Amtshandlungen ermächtigt werden. Diese Ermächtigung ist an folgende Voraussetzungen gebunden:
  1. Die Gemeinschaftsreferentin oder der Gemeinschaftsreferent und die andere haupt-, neben- und ehrenamtliche Mitarbeiterin oder der andere haupt-, neben- und ehrenamtliche Mitarbeiter gehört einer Evangelischen Landeskirche an und ist entsprechend ausgebildet.
  2. Die Verbandsleitung teilt die Namen der in Frage kommenden Personen dem Oberkirchenrat mit, welcher die einzelnen Personen ermächtigt.
  3. Der jeweilige Gemeinschaftsverband trägt in Zusammenarbeit mit dem Oberkirchenrat dafür Sorge, dass die genannten Personen die für Amtshandlungen notwendige Zurüstung theologischer, homiletischer, liturgischer und kirchenrechtlicher Art erhalten haben. Ein Lehrplan zur Erlangung der entsprechenden Kenntnisse und Bildung wird erstellt und durch den jeweiligen Gemeinschaftsverband im Einvernehmen mit dem Oberkirchenrat eingeführt.
  4. Bevor die Gemeinschaftsreferentin oder der Gemeinschaftsreferent und die andere haupt-, neben- und ehrenamtliche Mitarbeiterin oder der andere haupt-, neben- und ehrenamtliche Mitarbeiter eine Amtshandlung zusagt, beantragt sie oder er beim zuständigen Pfarramt das Dimissoriale, nachdem sie oder er bei ihrem oder seinem Gemeinschaftsverband das Einverständnis für die Vornahme dieser Amtshandlung eingeholt hat. Bestehen Bedenken im Blick auf die Erteilung des Dimissoriales, so entscheidet der Oberkirchenrat.
  5. Im Falle einer Taufe ist darüber hinaus in jedem Einzelfall die Ermächtigung durch den Oberkirchenrat über den zuständigen Gemeinschaftsverband einzuholen.
  6. Die Amtshandlungen werden nach den geltenden Ordnungen der Landeskirche vorgenommen.
  7. Nach Vornahme einer Amtshandlung trägt die Gemeinschaftsreferentin oder der Gemeinschaftsreferent dafür Sorge, dass dem zuständigen Pfarramt die notwendigen Angaben für eine Eintragung in die Amtshandlungsverzeichnisse und für die erforderlichen Mitteilungen zur Verfügung stehen.
  8. Die Amtshandlungen werden in den Gemeinschaften wie in der Evangelischen Landeskirche in einem öffentlichen Gottesdienst vorgenommen. Da die Taufe die Mitgliedschaft in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg oder in einer anderen Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland begründet, erfolgt sie in der Regel in einem Gottesdienst der örtlichen Kirchengemeinde. Soll die Taufe in einem gottesdienstlichen Raum der Landeskirchlichen Gemeinschaft stattfinden, so wird sie im Gottesdienst der Kirchengemeinde angekündigt. Entsprechend kann auch bei einer Trauung oder Bestattung verfahren werden.
  9. Aus Anlass der Visitation einer Kirchengemeinde sollen die dort ansässigen, von der Landeskirche zur Sakramentsverwaltung oder zur Vornahme von Amtshandlungen ermächtigten Personen besucht und mit ihnen über ihre Erfahrungen gesprochen werden. Die Verantwortung des zuständigen Gemeinschaftsverbands bleibt unberührt.
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§ 8
Abendmahl in den Gemeinschaften sowie Schwestern- und Bruderschaften

( 1 ) Mit der ganzen Landeskirche zusammen bejahen die Landeskirchlichen Gemeinschaften die biblische Orientierung allen evangelischen Gemeindelebens an Apostelgeschichte 2,42: „Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet“. So zählt zum Wesen und zum geistlichen Lebensvollzug der Landeskirchlichen Gemeinschaften neben Wortverkündigung, Gebet und der besonderen Pflege der Gemeinschaft auch das Heilige Abendmahl. Wortverkündigung und Abendmahl sind biblisch begründete Ausdrucksformen für das hörbare und sichtbare Wort Gottes. Deshalb begegnet dem Wunsch der Gemeinschaften, das Abendmahl auch selbständig feiern zu können, Verständnis.
( 2 ) Das in den Landeskirchlichen Gemeinschaften angebotene Abendmahl kann und will Abendmahlsgottesdienste der Landeskirchlichen Ortskirchengemeinden weder verdrängen noch ersetzen, noch darf es diese abwerten. Örtlich auftretende Schwierigkeiten sollten zwischen den verantwortlichen Gremien oder Personen in gegenseitigem Vertrauen besprochen und bereinigt werden.
( 3 ) Die Abendmahlsfeiern in den Gemeinschaften sind offen für alle, die nach § 2 Abendmahlsordnung eingeladen sind. Sie werden von Personen geleitet, die von der Landeskirche dazu ermächtigt sind.
( 4 ) Die Leitungen der Gemeinschaftsverbände und Werke sind der Kirchenleitung gegenüber dafür verantwortlich, dass solche Abendmahlsfeiern durch entsprechend zugerüstete und von der Landeskirche beauftragte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stiftungsgemäß und geordnet gehalten werden. Auch diese Abendmahlsfeiern müssen sich in den unverzichtbaren Stücken an die landeskirchliche Agende halten.
( 5 ) Dies gilt für Schwestern- und Bruderschaften entsprechend.
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Abschnitt 4
Gemeinschaftsgemeinden innerhalb der
Evangelischen Landeskirche in Württemberg
als Landeskirchliche Gemeinschaften im alternativ stellvertretenden Dienst

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§ 9
Rechtsform der Gemeinschaftsgemeinden

( 1 ) Gemeinschaftsgemeinden sind Teil der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und zugleich des betreffenden Gemeinschaftsverbands.
( 2 ) Gemeinschaftsgemeinden verstehen sich in der Tradition der Gemeinschaftsbewegung als Teil „freier Glaubenswerke“ innerhalb der Landeskirche.
( 3 ) Gemeinschaftsgemeinden haben keine mitgliedschaftlich verfasste Rechtsform, sondern sind personale Seelsorgebereiche der Evangelischen Landeskirche in Württemberg (ähnlich Studierendengemeinden).
( 4 ) Die Landeskirchliche Gemeinschaft im alternativ stellvertretenden Dienst ist Träger der Gemeinschaftsgemeinde.
( 5 ) Diejenigen, die sich zu einer Gemeinschaftsgemeinde halten, müssen nicht Mitglieder einer juristischen Person (beispielsweise eines e.V.) sein; sie bleiben Mitglieder ihrer Kirchengemeinde. Im Falle der hergebrachten Rechtsform der Gemeinschaft als e.V. können sie Vereinsmitglieder sein. Dabei ist die Gemeinschaft mit der Gemeinschaftsgemeinde nicht identisch.
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§ 10
Bildung von Gemeinschaftsgemeinden

( 1 ) Die Evangelische Landeskirche Württemberg begrüßt die Bildung von Gemeinschaftsgemeinden im Rahmen des württembergischen landeskirchlichen Pietismus. Sie fördert diese nach ihren Möglichkeiten.
( 2 ) Der Oberkirchenrat kann auf Antrag des Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbands eine Gemeinschaftsgemeinde innerhalb der Evangelischen Landeskirche in Württemberg bilden, indem er nach § 10 Absatz 1a Württembergisches Pfarrergesetz einen entsprechenden personalen Seelsorgebereich einrichtet.
( 3 ) Die Bildung einer Gemeinschaftsgemeinde innerhalb der Evangelischen Landeskirche in Württemberg ist an folgende Voraussetzungen gebunden:
  1. Verkündigung und Sakramentsverwaltung der Gemeinschaftsgemeinde stehen auf dem Boden von Schrift und reformatorischen Bekenntnissen,
  2. die Gemeinschaftsgemeinde weist eine geordnete und transparente Leitung und Verwaltung auf,
  3. die Gemeinschaftsgemeinde bietet die Gewähr der Dauer,
  4. die Gemeindeleiterin oder der Gemeindeleiter und die zuständige Gemeinschaftspastorin oder der zuständige Gemeinschaftspastor gehören der Evangelischen Landeskirche an,
  5. die Angehörigen des leitenden Gremiums der Gemeinschaftsgemeinde gehören überwiegend der Evangelischen Landeskirche an,
  6. die Stellungnahmen des zuständigen Kirchengemeinderats oder Verbundkirchengemeinderats, des zuständigen Dekanatamts und des zuständigen Pfarramts zur Bildung eines personalen Seelsorgebereichs liegen vor.
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§ 11
Gottesdienste und Amtshandlungen

( 1 ) Verkündigung und Sakramentsverwaltung in den Gemeinschaftsgemeinden geschehen auf der Grundlage des Evangeliums von Jesus Christus, wie es in der Heiligen Schrift gegeben und in den Bekenntnissen der Reformation bezeugt ist.
( 2 ) Die Leitung von Gottesdiensten der Gemeinschaftsgemeinden erfolgt durch Personen, die gemäß § 2 Absatz 5 Einführungsordnung und § 12 Absatz 1 auf Antrag des Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbands vom Evangelischen Oberkirchenrat zur geordneten öffentlichen Wortverkündung, zur Verwaltung der Sakramente und zur Vornahme von Amtshandlungen für begrenzte Zeit ermächtigt sind.
( 3 ) Die Gottesdienste der Gemeinschaftsgemeinden sind als öffentliche Gottesdienste allen zugänglich, die an ihnen teilnehmen wollen. Sie sind Teil des landeskirchlichen Gottesdienstangebots an einem Ort. Zeit und Ort der Gottesdienste der Gemeinschaftsgemeinden werden auf Antrag des Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbands durch den Evangelischen Oberkirchenrat gemäß § 17 Kirchengemeindeordnung in der örtlichen Gottesdienstordnung der Kirchengemeinde oder Verbundkirchengemeinde festgelegt, auf deren Gebiet der Gottesdienst stattfindet. Der örtliche Kirchengemeinderat, in Verbundkirchengemeinden der Verbundkirchengemeinderat, und das Pfarramt werden zuvor angehört.
( 4 ) Taufen in den Gemeinschaftsgemeinden begründen die Mitgliedschaft in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg oder in einer anderen Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland.
( 5 ) Die Abendmahlsfeiern in den Gemeinschaftsgemeinden sind offen für alle, die nach § 2 Abendmahlsordnung eingeladen sind. Sie werden von Personen geleitet, die von der Landeskirche dazu ermächtigt sind.
( 6 ) Die Leitung des zuständigen Gemeinschaftsverbands ist gegenüber dem Evangelischen Oberkirchenrat dafür verantwortlich, dass Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung in der Gemeinschaftsgemeinde auf der Grundlage von Schrift und Bekenntnis geschehen und die Sakramente und Amtshandlungen von dazu ermächtigten Personen nach den Ordnungen der Evangelischen Landeskirche gespendet und vorgenommen werden.
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§ 12
Gemeinschaftspastorinnen und Gemeinschaftspastoren

( 1 ) Die für die jeweilige Gemeinschaftsgemeinde zuständige haupt-, neben- oder ehrenamtliche Mitarbeiterin des Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbands oder der entsprechende Mitarbeiter wird auf Antrag des Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbands vom Oberkirchenrat auf Zeit (jedoch nicht über das 68. Lebensjahr hinaus) zur geordneten öffentlichen Wortverkündigung, zur Verwaltung der Sakramente und zur Vornahme von Amtshandlungen ermächtigt, soweit sie oder er eine entsprechende theologische Ausbildung besitzt. Die erforderliche theologische Ausbildung wird in der Regel an einer von der Landeskirche anerkannten Ausbildungsstätte erworben. Die Landesbischöfin oder der Landesbischof verleiht ihr oder ihm in der Regel das stets widerrufliche Recht, die Bezeichnung Gemeinschaftspastorin oder Gemeinschaftspastor zu führen.
( 2 ) Die Gemeinschaftspastorinnen und Gemeinschaftspastoren sind an Schrift und Bekenntnis gebunden. Bei der Vornahme von Amtshandlungen halten sie sich an die Ordnungen der Landeskirche. Sie müssen der Evangelischen Landeskirche angehören. Die Einführung erfolgt in der Regel durch die zuständige Dekanin beziehungsweise den zuständigen Dekan unter angemessener Beteiligung der Leitung des Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbands in einem Gottesdienst der Gemeinschaftsgemeinde.
( 3 ) Die Gemeinschaftspastorinnen und Gemeinschaftspastoren nehmen nach Möglichkeit an den regelmäßigen Zusammenkünften der Pfarrerinnen und Pfarrer des Kirchenbezirks und des Distrikts teil.
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§ 13
Visitation

Die Gemeinschaftsgemeinde wird im Rahmen der Visitation der örtlichen Kirchengemeinde von der oder dem jeweils zuständigen Visitatorin oder Visitator besucht. Aus Anlass der Visitation der örtlichen Kirchengemeinde sollen die von der Landeskirche zur öffentlichen Wortverkündung, zur Verwaltung der Sakramente und zur Vornahme von Amtshandlungen für begrenzte Zeit ermächtigten Personen von der Landeskirche oder in ihrem Auftrag visitiert werden. Die Verantwortung des zuständigen Gemeinschaftsverbands bleibt unberührt.
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§ 14
Zusammenarbeit

( 1 ) Die Gemeinschaftsgemeinde arbeitet mit dem Kirchenbezirk, zu dem sie gehört, und der örtlichen Kirchengemeinde beziehungsweise Gesamtkirchengemeinde zusammen.
( 2 ) Auf Kirchenbezirksebene können zwei von der Gemeinschaftsgemeinde vorgeschlagene Vertreterinnen oder Vertreter in die Kirchenbezirkssynode zugewählt werden. Auf Kirchengemeindeebene beziehungsweise in größeren Orten auf Gesamtkirchengemeindeebene kann eine von der Gemeinschaftsgemeinde benannte Vertreterin oder ein von der Gemeinschaftsgemeinde benannter Vertreter in den Kirchengemeinderat beziehungsweise Gesamtkirchengemeinderat zugewählt werden, sofern nicht bereits eine leitende Mitarbeiterin oder ein leitender Mitarbeiter aus der Gemeinschaftsgemeinde Mitglied dieses Gremiums ist. Entsprechendes gilt für eine Erweiterung des leitenden Gremiums der Gemeinschaftsgemeinde.
( 3 ) Ein Verbindungsausschuss, dem paritätisch einerseits Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinschaftsgemeinde sowie des Gemeinschaftsbezirks und andererseits Vertreterinnen und Vertreter der Kirchengemeinde oder Gesamtkirchengemeinde sowie des Kirchenbezirks angehören, kann gebildet werden. Ihm sollen nicht mehr als acht Mitglieder angehören. Die Mitglieder werden von den entsendenden Leitungsorganen aus deren Mitte berufen. Auf Kirchenbezirksebene ist dafür der Kirchenbezirksausschuss zuständig. Die Mitglieder des Verbindungsausschusses wählen aus ihrer Mitte eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden und eine stellvertretende Vorsitzende oder einen stellvertretenden Vorsitzenden für den Zeitraum von sechs Jahren. Wiederwahl ist möglich. Vorsitzende oder Vorsitzender und stellvertretende Vorsitzende oder stellvertretender Vorsitzender sollen nicht dem gleichen Entsendungsgremium angehören. Zur ersten Sitzung lädt die zuständige Dekanin oder der zuständige Dekan ein und leitet die Wahl. Der Verbindungsausschuss tritt auf Einladung seiner oder seines Vorsitzenden mindestens jährlich zusammen. Er ist einzuberufen, wenn mindestens ein Drittel der Mitglieder dies unter Angabe der Tagesordnungspunkte verlangt. Er ist beschlussfähig bei Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder. Beschlüsse werden mit der Mehrheit der Anwesenden gefasst. Stimmenenthaltungen gelten bei Wahlen als Nein-Stimmen, im Übrigen als nicht abgegebene Stimmen.
Der Verbindungsausschuss hat die Aufgaben,
  1. die gemeinsamen Beziehungen weiterzuentwickeln,
  2. den Erfahrungsaustausch zu fördern,
  3. Empfehlungen für die Festlegung von Zeiten für Gottesdienste, Gemeinschaftsstunden und sonstige Veranstaltungen zu geben,
  4. bei Auftreten von Unstimmigkeiten zu vermitteln und
  5. Anregungen zu geben für
    1. gemeinsame Veranstaltungen (Bibelstunden, Evangelisationen und andere), Kanzeltausch und
    2. das Zusammenwirken in der Öffentlichkeitsarbeit (kirchliche Nachrichten in der Presse und in örtlichen Mitteilungsblättern, eigene Blätter, Gemeindebriefe, Ankündigungen, Schaukästen und anderes).
( 4 ) Unstimmigkeiten, die vor Ort nicht beigelegt werden können, legen die örtlichen Vertreterinnen und Vertreter dem Evangelischen Oberkirchenrat und der Leitung des jeweiligen Gemeinschaftsverbands vor und bitten diese um eine gemeinsame Entscheidung.
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§ 15
Kirchenmitgliedschaft

( 1 ) Die Vertragspartner gehen davon aus, dass diejenigen, die sich zur Gemeinschaftsgemeinde halten, in der Regel Mitglieder der Evangelischen Landeskirche sind. Die Mitgliedschaft in der Kirchengemeinde ihres Wohnorts bleibt unberührt. Sie können auch einer anderen christlichen Kirche angehören. Wenn sie keiner Kirche angehören, wirken die Verantwortlichen der Gemeinschaftsgemeinde, soweit dies möglich ist, darauf hin, dass sie Mitglieder der Evangelischen Landeskirche werden.
( 2 ) Die Angehörigen der leitenden Gremien der Gemeinschaftsgemeinde müssen überwiegend Mitglieder der Evangelischen Landeskirche sein. Diejenigen, die nicht Mitglieder der Evangelischen Landeskirche sind, sollen einer Mitgliedskirche der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) angehören. Die Gemeindeleiterin oder der Gemeindeleiter sowie die zuständige Gemeinschaftspastorin oder der zuständige Gemeinschaftspastor müssen Mitglieder der Evangelischen Landeskirche sein.
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§ 16
Zuschüsse

( 1 ) Die Gemeinschaftsgemeinde erhält keine Zuweisungen bei der Verteilung der Kirchensteuermittel gemäß den allgemeinen Verteilgrundsätzen. Die Bezuschussung durch Kirchengemeinde und Kirchenbezirk ist damit nicht ausgeschlossen.
( 2 ) Für die Personalkosten der Personen, die von der Evangelischen Landeskirche zur öffentlichen Wortverkündung, zur Verwaltung der Sakramente und zur Vornahme von Amtshandlungen für begrenzte Zeit ermächtigt sind, erhalten die Gemeinschaftsverbände nach Maßgabe des Landeskirchlichen Haushaltsplans Zuschüsse.
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Abschnitt 5
Schlussbestimmungen

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§ 17
Vereinbarungsauslegung und -anpassung

( 1 ) Die Parteien dieser Vereinbarung werden eine in Zukunft zwischen ihnen etwa entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieser Vereinbarung auf freundschaftliche Weise beseitigen.
( 2 ) Haben die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Inhalts dieser Vereinbarung maßgebend gewesen sind, sich seit Abschluss der Vereinbarung so wesentlich geändert, dass einer Partei dieser Vereinbarung das Festhalten an der ursprünglichen Regelung dieser Vereinbarung nicht zuzumuten ist, so werden die Parteien dieser Vereinbarung sich bemühen, auf freundschaftliche Weise eine Anpassung des Inhalts dieser Vereinbarung an die geänderten Verhältnisse zu erreichen. Ein solcher Fall kann insbesondere eintreten, wenn das Kirchengesetz über die Kirchenmitgliedschaft der Evangelischen Kirche in Deutschland das Verhältnis von Taufe und Kirchenmitgliedschaft grundlegend neu bestimmen sollte.
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§ 18
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Vereinbarung bedarf der Zustimmung der Württembergischen Evangelischen Landessynode. Sie tritt an dem Tage des Inkrafttretens des Zustimmungsgesetzes in Kraft.1# Gleichzeitig treten die Gegenseitige Erklärung zwischen Evangelischer Landeskirche und Landeskirchlichen Gemeinschaften „Pietisten-Reskript 1993“ vom 22. Dezember 1993 (Abl. 56 S. 30) und die Übereinkunft mit den Landeskirchlichen Gemeinschaften über die Durchführung von Abendmahlsfeiern vom 12. November 1987 (Abl. 53 S. 751) außer Kraft; sie bleiben jedoch für die Landeskirchliche Gemeinschaft Evangelische Chrischona Gemeinde Heidenheim und für die Landeskirchliche Gemeinschaft Sielmingen e.V. des Christusbundes in Kraft.
Stuttgart, 1. Februar 2024
Ernst-Wilhelm Gohl, Landesbischof
Evangelische Landeskirche in Württemberg
Ralf Dörr
Bahnauer Bruderschaft und Evangelische Missionsschule Unterweissach
Regine Mohr, Oberin
Diakonissenmutterhaus Aidlingen e. V.
Matthias Hanßmann, Vorsitzender
Die Apis – Evangelischer Gemeinschaftsverband Württemberg e. V.
Gottfried Holland
Gnadauer Brasilienmission e. V.
Gabriel Waidelich
Pregizer Gemeinschaft e. V.
Dr. Johannes Reinmüller
Süddeutscher Gemeinschaftsverband e. V.
Markus Deuschle
Südwestdeutscher Jugendverband „Entschieden für Christus e. V.“

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1 ↑ Red. Anm.: Die Landessynode hat durch Kirchliches Gesetz zu den Landeskirchlichen Gemeinschaften vom 29. Juni 2024 (Abl. 71 Nr. 56) der in Stuttgart am 1. Februar 2024 unterzeichneten Vereinbarung zwischen der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbänden sowie Schwestern- und Bruderschaften zugestimmt.